Die Jucker Farm – eine über 100-jährige Erfolgsgeschichte. Du bist Bauer, Unternehmer, Innovator – was treibt dich an?

Antwort: Das ist vielschichtig. Aber ich habe eine grosse Abneigung gegenüber Routinearbeiten. Darum muss ich immer wieder neues «Futter» haben. Ich bin aber auch etwas trotzig und beweise gerne, dass es geht, vor allem wenn alle sagen, dass es nicht geht.

Ihr sagt von eurer Unternehmung: «Jucker Farm ist die Summe aller Menschen, die jeden Tag auf den Höfen arbeiten und mit ihrer Persönlichkeit das Unternehmen nachhaltig prägen.» Kannst du dazu etwas ausführen?

Antwort: Wir sind kein Betrieb der auf perfekten Strukturen, perfektem CI/CD und Standardisierung aufbaut. Wir haben eine sehr bodenständige Werteebene, die uns zusammenhält. So hat auch jeder Mitarbeiter viel Freiheit und Möglichkeiten mit seiner/ihrer Persönlichkeit die Jucker Farm zu prägen.

Wie wichtig sind dir als Unternehmer gute Rahmenbedingungen und wenig Regulatorien damit du «wirken» kannst? Kannst du ein Beispiel nennen, wo dir die Gesetzgebung in die Quere gekommen ist?

Antwort: Beispiele? Wir arbeiten in der Landwirtschaft in der Schweiz. Da sind wir deutlich näher an der Planwirtschaft als an Marktwirtschaft. Als Betrieb mit maximaler Einzigartigkeit haben wir das Privileg, dass wir nirgends in die gängige Regulierung passen. Wir dürfen also sehr oft an neuer Auslegung oder Präjudiz mitarbeiten. Das dürfen ist oft auch ein Müssen… .

Bildest du in deinen Betrieben auch Lernende aus? Wie wichtig ist es, dass Unternehmen den Jungen Perspektiven für die Zukunft vermitteln?

Antwort: Da wir überall nicht wirklich das machen, was die anderen alle machen ist es schwer für uns Lehrlinge auszubilden. Die lernen oft schlicht nicht das was es braucht für die LAP. Die Tatsache, dass wir sehr viele Quereinsteiger haben die wir selber ausgebildet haben, zeigt aber auch, dass wir schon viel in Ausbildung investieren. Um die Führungskompetenzen der Kader zu stärken haben wir extra die H.Akademie AG (www.h-akademie.ch) gegründet. Diese steht auch anderen inhabergeführten KMU zur Verfügung.

Aktuell ist die Biodiversitätsinitiative in aller Munde. Wie stellt sich Martin Jucker der Bauer zu diesem Thema?

Antwort: Ich bin gegen solche Gesetze, aber es muss da viel passieren. Wir sind auf dem Weg der regenerativen Landwirtschaft. Damit bringen wir Biodiversität auf alle Felder. Man kann die regenerative Landwirtschaft gut als Königsdisziplin bezüglich Nachhaltigkeit bezeichnen. Wir sind bald klimapositiv als Betrieb. Der Grundsatz lautet, dass nur gesunde Böden auch gesundes Essen hergeben. Es geht nicht um ein Verbot von Pestiziden oder Kunstdünger, sondern um eine Anbaumethode, bei der es diese nicht mehr braucht. Würden alle Bauern auf diesen Weg einschwenken wäre jeglicher Wind aus den Segeln dieser Initiative weg. Dafür müsste aber zuerst mehr Marktwirtschaft einkehren, sonst können die Meisten Bauern gar nichts ändern.

Welche gesellschaftlichen Themen beschäftigen dich speziell?

Antwort: Grundsätzlich die Servicegesellschaft. Eigenverantwortung scheint aus dem Wortschatz von den meisten Politikern gestrichen zu sein. Überall wird absolute Sicherheit angestrebt und alle versuchen jegliche Risiken weg zu regulieren. In der Konsequenz wird es genau darum gefährlicher.

Welches sind die Werte, die dir persönlich am wichtigsten sind?

Antwort: Ehrlichkeit, Verantwortung, Unternehmertum

Gibt es einen Wunsch an die Politik von dir?

Antwort: Ja, eine Regulierungsbremse im Stil der Schuldenbremse und ein fixes Ablaufdatum für alle Gesetzte und Verordnungen.

Hast du ein Motto, welches dich durch das Leben begleitet?

Antwort: Nein, das würde mich einschränken in der geistigen Freiheit.

Wir danken dir für das Interview und den Einblick!

©Dominik Reichen

Steckbrief:

Martin Jucker leitet mit seinem Bruder Beat seit gut 20 Jahren die Unternehmung Jucker Farm und beschäftigt je nach Saison 200 bis 500 Mitarbeitende. Ende der 90er Jahre haben sie die Idee mit der Kürbisausstellung zum ersten Mal realisiert und schreiben seit diesem Zeitpunkt weiter an der erfolgreichen Unternehmens-Geschichte der Familie Jucker in Seegräben, welche bis ins 1907 zurück reicht. Heute zählt die Unternehmung vier Erlebnishöfe, eine Kürbisausstellung in Deutschland zwei Restaurants sowie vier Hofläden. Ferner werden Events und Seminare von A – Z organisiert. Auf den Feldern werden diverse Kulturen angebaut – von Kürbis über Spargeln bis zu Kichererbsen. In der hofeigenen Manufaktur, Küche und Bäckerei werden die regionalen Spezialitäten veredelt. https://www.juckerfarm.ch