Alle wollen ihn, alle lieben ihn: Der öffentliche Verkehr auf Zürichs Strassen mit seinen blauen Trams und Bussen, der Jahr ein, Jahr aus seinen Beitrag für eine funktionierende, innerstädtische Mobilität leistet, wird von den Bürgerinnen und Bürgern regelmässig und gerne genutzt. Rund 40 Prozent nutzen den ÖV täglich als vielfältiges Transportmittel, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, um schwere Einkaufssäcke zu transportieren oder einfach um eine kleine, private «Sightseeing-Tour» durch Zürich unternehmen zu können. Von allen Verkehrsmitteln nimmt der ÖV nebenbei in Sachen Umweltverträglichkeit eine Spitzenposition ein. Um die Attraktivität des ÖV zu erhalten, gilt es jedoch drei goldene Regeln zu beachten: 1. Die Reisezeiten müssen kurz sein. 2. Der Bus/ das Tram muss pünktlich sein. 3. Das ÖV-Netz muss so dicht wie immer möglich gespannt sein.

Die Ausgangslage für den ÖV, seinen Beitrag zur Bewältigung von Mobilität und Verminderung des gesamtstädtischen CO2-Ausstosses zu erfüllen, ist eigentlich gut.

Doch nun geschieht etwas Sonderbares: Just in Zeiten, in denen es nach politischen CO2-Reduktionsdebatten endlich zur Umsetzung geht und in denen der ÖV als ein wichtiges Mittel im Kampf gegen den Klimawandel regelmässig propagiert wird, wirkt das Links/Grün- dominierte Parlament aktiv als «Qualitäts-Torpedierer» und unnötiger Kostentreiber.

Denn mit folgendem Szenarium für den ÖV muss im Falle der propagierten, stadtweiten Einführung von Tempo 30 gerechnet werden: Der Antrag der SP/Grünen Tempo 30 auf allen Verkehrsachsen, auch mit ÖV, einzuführen hat einen negativen Einfluss auf den Fahrplan und auf die Reisezeiten. Der derzeitige Fahrplan kann nicht mehr eingehalten werden und die Reisezeiten verlängern sich. Damit wird mindestens eine goldene Regel für einen attraktiven ÖV gebrochen.

Dann sind da noch die Kosten: Bei der flächendeckenden Einführung von Tempo 30 muss, um alleine den heutigen Fahrplan aufrechterhalten zu können, mit jährlich wiederkehrenden Mehrkosten (u.a. im Bereich Personal) von rund 20 Millionen Franken gerechnet werden.

Ein Blick in die nahe Zukunft zeigt zudem, dass weitere Ausbauschritte im Stadtzürcher ÖV nötig werden, um das prognostizierte Wachstum an Bevölkerung und Arbeitsplätzen in den nächsten rund 30 Jahren in Sachen Mobilität zu bewältigen. Die oben genannten Zusatzkosten aufgrund der Einführung von Tempo 30 könnten daher sicherlich nachhaltiger genutzt werden. Alles in allem wird der ÖV nicht nur teurer, sondern verliert an Attraktivität. Die Gefahr besteht, dass ein weniger attraktiver ÖV auch weniger genutzt wird. Der Wunsch der Bevölkerung nach (urbaner) Mobilität bleibt aber bestehen. Der stadtweite Ausbau von Radwegen wird dabei nicht die Lösung aller Mobilitätsprobleme sein. Leider verliert so manche/mancher Politiker(in) seitens Links/Grün hier vor lauter ideologisch geprägten Wunschvorstellungen den Blick fürs grosse Ganze.

Michael Baumer, Stadtrat Zürich