Du bist schon seit mehr als 15 Jahren bei der FDP aktiv und seit 2019 Fraktionspräsidentin. Wann und wie hat deine Faszination fürs «politisieren» begonnen?
Antwort: Politik hat mich schon in meiner Jugendzeit interessiert und ich habe früh gemerkt, dass man sich einsetzen muss, wenn man die Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens mitprägen möchte. Mein erster politischer Einsatz war für die Jugendverbände, als wir für eine 5. Ferienwoche für Lernende, die Jugendarbeit leisten, kämpften.
Wie muss man sich eigentlich die Arbeit einer Fraktionspräsidentin vorstellen?
Antwort: Vielseitig und intensiv! Eine Mischung aus Arena-Moderatorin, Unterhändlerin, Blitzableiterin und Repräsentantin, die versucht die blauen Sterne in der gleichen Umlaufbahn zu halten und zum Leuchten zu bringen.
Am 28. November stimmen die Zürcherinnen und Zürcher über das Energiegesetz ab. Die FDP hat die JA Parole beschlossen. Mit der «liberalen Brille» betrachtet ein sehr pragmatisches Ja. Wie siehst du das?
Antwort: Es ist ein lösungsorientierter Kompromiss für mehr Klimaschutz, eine Chance für das einheimische Gewerbe und eine zumutbare Belastung für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, die sich nicht schon proaktiv für enkeltaugliche Lösungen entschieden haben.
Wie ist dieser Kompromiss zustande gekommen?
Antwort: Nachdem wir unsere bürgerlichen Partner leider nicht für die liberale Lösung eines CO2-Absenkpfads gewinnen konnten, haben wir für eine faire Berechnung der Lebenszykluskosten, den Investitionsschutz der Gasinfrastruktur und eine griffige Härtefallregelung gekämpft. Die Klima-Allianz hat uns in der ersten Lesung mehrheitlich abblitzen lassen. Nach einer Referendumsdrohung und einem intensiven Verhandlungsmarathon mit den Fraktionspräsidien der Klima-Allianz und der Baudirektion konnten wir in der abschliessenden Lesung massgebende Verbesserungen erzielen.
Geschaeftsbericht 2017 Spital Maennedorf. Bild: christinestrub.ch
Persönliche Fragen:
Du bist nicht nur Vollblutpolitikerin und beruflich bei einer Beratungsfirma in der Geschäftsleitung engagiert sondern auch ein Familienmensch. Wie schaffst du diesen «Spagat»?
Antwort: Mit einem Ehemann, der partnerschaftlich mitanpackt, einer tollen Putzfee und einer agilen Organisation. Und ganz ehrlich: Meine Söhne hätten es nicht ausgehalten, wenn ich sie vollzeitig «begluckert» hätte.
Welche gesellschaftlichen Themen beschäftigen dich persönlich ganz speziell?
Antwort: Die zunehmende Intoleranz und Vollkasko-Mentalität sowie die Tendenz, immer mehr Aufgaben an den Staat zu delegieren, bereiten mir Sorge. Um die grossen Herausforderungen wie die Globalisierung, die Digitalisierung und den Klimawandel zu meistern braucht unser Land genau das Gegenteil: Risikobereitschaft, eine Fehlerkultur und Menschen die bereit sind, unser Land mit Ideen und Unternehmergeist nachhaltig vorwärts zu bringen.
Welches sind die Werte, die dir am wichtigsten sind?
Antwort: Freiheit, Gemeinsinn und Fortschritt – what else?
Wo und wie tankst du Kraft?
Antwort: Am liebsten draussen in der Natur und beim Reisen. Es gibt nichts Besseres, um den Kopf zu lüften und eine gesunde Distanz zum Alltag zu gewinnen.
Gibt es ein Motto, welches dich durch dein Leben begleitet?
Antwort: Sogar zwei: Anpacken statt Jammern! Und der verlorenste aller Tage ist der, an dem du nicht gelacht hast.
Wir danken dir für das Interview und den Einblick!
Steckbrief:
Beatrix Frey-Eigenmann, hat ein Studium der Staatswissenschaften, internationale Beziehungen an der Hochschule St. Gallen absolviert und lebt mit ihrem Mann und den beiden Söhnen seit über 20 Jahren in Meilen. Nebst ihrem Amt als Kantonsrätin und Fraktionspräsidentin der FDP ist sie beruflich als Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung einer Beratungsfirma für öffentliche Institutionen tätig. Sie hat verschiedene Verwaltungs- und Stiftungsratsmandate und engagiert sich in Verbänden als Vorstandsmitglied. Ihre Freizeit verbringt sie gerne mit Kochen, Jassen, Pilates, Schwimmen, Skifahren, Wandern und Reisen.