Mit 76% der Stimmen lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Mai 2014 einen nationalen Mindestlohn ab. Trotz des klaren Volksverdikts sind in den vergangenen Jahren in verschiedenen Kantonen (BS, GE, JU, NE, TI) kantonale Mindestlöhne eingeführt worden.
In einer koordinierten Aktion haben Gewerkschaften und linke Parteien in Winterthur, Zürich und Kloten Mindestlohninitiativen eingereicht. In Kloten ist sie 2021 knapp gescheitert. Am 18. Juni 2023 kommen sie in Zürich und Winterthur zur Abstimmung.
Die Winterthurer Volksinitiative «Ein Lohn zum Leben» will einen Mindestlohn von Fr. 23 pro Stunde für alle Arbeitnehmenden, die auf dem Gebiet der Stadt arbeiten. Nur wenige Ausnahmen sind möglich für Lernende in Lehrbetrieben und bei Praktika und Ferienjobs. Insbesondere müssen auch Löhne, die in GAVs ausgehandelt wurden, angepasst werden. Andererseits will in Zürich die Gemeinderatsmehrheit einen Mindestlohn von Fr. 23.90 für Arbeitnehmer einführen, die mehrheitlich im Stadtgebiet arbeiten. Wie in Winterthur sind wenige Ausnahmen für Lernende unter 25 Jahren vorgesehen. GAVs sind ebenfalls nicht ausgenommen. Solche Forderungen sind abzulehnen. Wichtiger ist, dass sich die Mitarbeitenden permanent weiterqualifizieren und arbeitsmarktfähig bleiben.
Ungeachtet der konkreten Umstände, unter denen Mindestlöhne eingeführt werden, sind staatlich diktierte Löhne abzulehnen. Die Festsetzung der Löhne ist nicht Aufgabe des Staates, sondern Sache der Arbeitgebenden, ihrer Mitarbeitenden und der Sozialpartner. Gerade dank der erfolgreich gelebten Sozialpartnerschaft profitieren wir von einer tiefen Arbeitslosigkeit. Weiterhin macht ein Mindestlohn eine Berufsausbildung unattraktiv, indem Ungelernte mit höheren Löhnen rechnen können als Auszubildende. Die Wahrscheinlichkeit, dass nur noch Praktika und keine Lehrstellen mehr angeboten würden, ist gross. Niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten, auch bspw. für Menschen mit einer Beeinträchtigung, werden abnehmen. Solche Entwicklungen schaden der dualen Berufsbildung und werten sie ab.
Linke Kreise argumentieren, der Mindestlohn helfe den von Armut Betroffenen. Armutsgefährdet sind in erster Linie getrennt lebende Eltern, Familien mit tiefem Haushaltseinkommen und Selbstständigerwerbende. Nur ein ganz kleiner Teil der Armutsgefährdeten verdient weniger als den vorgesehenen Mindestlohn. Selbstständigerwerbende sind von einem solchen ohnehin nicht umfasst. Deshalb eignet sich der Mindestlohn auch nicht zur Armutsbekämpfung. Um die Situation dieser Menschen nachhaltig zu verbessern, muss der Fokus stärker auf berufsspezifischen Aus- und Weiterbildungen liegen. Nur so können Mitarbeitende in eine höhere Lohnkategorie aufsteigen und nachhaltig und längerfristig mehr verdienen.
Für alle Gewerbebetriebe und Unternehmen, welche Mitarbeitende innerhalb der Städte Zürich und Winterthur beschäftigen, bringt der Mindestlohn eine grosse bürokratische Belastung. Zudem wird die Verwaltung abermals aufgebläht. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler beider Städte müssen jährliche Kontrollkosten in Millionenhöhe tragen. Wir vertreten daher gemeinsam eine eindeutige Position: Mindestlohninitiativen sollten in unseren Städten abgelehnt werden.
Dieter Kläy, Präsident FDP Winterthur
Mélissa Dufournet, Gemeinderätin FDP Zürich