Editorial von Hans-Jakob Boesch

Die aktuelle Debatte über die Zuwanderung ist wie ein Déjà-vu des Wahljahrs 2019. Damals drehte sich alles um den Klimawandel – und die beiden grünen Parteien im roten Bereich: Die Untergangsszenarien wurden immer dramatischer, die zu erreichenden Zielgrössen immer unrealistischer und die geforderten Massnahmen immer extremer. Davon bleibt vier Jahre später nicht viel übrig, stattdessen ist – zu Recht – Nüchternheit angesagt. Das CO2-Gesetz wurde erst im zweiten Anlauf angenommen, und das kantonale Energiegesetz wurde nur dank freisinniger Intervention mehrheitsfähig, in Birr stehen Gasturbinen bereit, und während selbst Klimakleber das Fliegen lieben, ist der Höhenflug der beiden grünen Parteien schon wieder vorbei. Die FDP hatte schon damals zu mehr Augenmass gemahnt und Massnahmen verlangt, die nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch gesellschaftlich und ökonomisch tragbar sind.

Wir haben recht behalten.

Und nun wiederholt sich die Geschichte: Die einen malen nach dem Klimateufel das Schreckensszenario einer 10-Millionen-Schweiz an die Wand und wollen die Grenzen abriegeln – im vollen Bewusstsein, dass damit nicht nur dringend benötigte Fachkräfte fehlen würden, sondern die Exportnation Schweiz vor allem auch den Zugang zum Absatzmarkt EU einbüssen würde. Den anderen kann es wiederum nicht genug Zuwanderung geben. Dass darunter unsere Sozialwerke und unsere Sicherheit leiden und der Wohnungsmarkt und die Infrastruktur an die Belastungsgrenze stossen könnten, davon ist keine Rede. Im Gegenteil: Rot-Grün tut alles, um die Sozialwerke in den finanziellen Ruin zu treiben. Und Polizei und Armee betrachtet man in diesen Kreisen mehr als Feind denn als zentrale Sicherheitsfaktoren. Der Bau neuer Wohnungen wird verhindert. Analog dazu wird auch der Ausbau der Infrastruktur, ob Flughafen, Strasse oder Elektrizität, bekämpft.

Zugegeben, unsere Rezepte sind weniger schrill, gilt es doch, die Zuwanderungsproblematik und den Fachkräftemangel gleichermassen zu lösen. Dafür funktionieren unsere Lösungen und bringen die Schweiz eff ektiv weiter. Wir können die Zuwanderung nur beschränken, wenn wir das inländische Arbeitskräftepotenzial besser nutzen, sprich: wenn wir selbst mehr arbeiten. Mit der Individualbesteuerung und einem höheren Rentenalter setzt die FDP genau hier an. Wer hingegen nach immer mehr Teilzeitarbeit und mehr Ferien ruft, der ruft auch nach dem österreichischen Kellner und der bayrischen Ärztin. Auch die Unternehmen sind gefordert, das inländische Arbeitskräftepotenzial tatsächlich auszuschöpfen, statt aus Bequemlichkeit im Ausland zu rekrutieren.

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit wäre auch, dass unsere Gesetze konsequent angewendet würden. Es kann nicht sein, dass die Linke sich über die Gesetze der Zuwanderungs- und Asylpolitik hinwegsetzt und Tausenden sich illegal in der Schweiz aufhaltenden Personen staatliche Leistungen anbietet.

Dass unsere Infrastruktur ausgebaut und besser genutzt werden muss, wenn mehr Leute diese brauchen, ist eine Binsenweisheit. Das Gleiche gilt für den Bau neuer Wohnungen. Ansonsten steigen die Mieten ins Unermessliche, wie wir es im rotgrünen «Mieterparadies» Zürich aktuell beobachten können. Hierfür müssen die Baubewilligungsprozesse beschleunigt und entbürokratisiert und die Einsprachemöglichkeiten beschränkt werden, vor allem aber muss der rot-grünen Baublockade mit mehr bürgerlichen Stimmen Einhalt geboten werden.

Auch im Wahljahr 2023 liegen die Lösungen also auf dem Tisch, wenn man denn die Probleme tatsächlich lösen will …

Wir werden auch diesmal recht haben.

Liberale Grüsse,

Hans-Jakob Boesch
Parteipräsident FDP Kanton Zürich