Für Liberale ist es eine Binsenweisheit, dass Freiheit und Verantwortung zwei Seiten derselben Medaille sind. Leider ist aber auch wahr, dass immer wieder die eine Seite, die Verantwortung, vergessen geht. Dem müssen wir entgegenhalten.

In der freisinnig-demokratischen Partei können alle an der Parteiarbeit teilnehmen – und sie müssen es auch (im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbstverständlich). So wie in unserem demokratisch-liberalen Staatswesen, so liegt auch bei uns das Wohl der Partei nicht nur in der Verantwortung der Präsidien und Vorstände von Orts-, Bezirks- und Kantonalpartei, sondern auch in derjenigen sämtlicher Mitglieder. Hierzu drei Beispiele aus jüngster Zeit:

Es wird immer wieder kolportiert, das Amt des Parteipräsidenten sei undankbar, unattraktiv und mache keinen Spass. Ob dem tatsächlich so ist, haben wir alle selbst in der Hand. Das liegt nämlich nicht an den Statuten, nicht am politischen Gegner, nicht an der Entschädigung, sondern das liegt alleine an unserem Verhalten als Mitglieder der FDP Kanton Zürich. Wenn der Präsident unserer Sicherheitspolitischen Kommission beispielsweise als «Dank» für die Organisation eines spannenden öffentlichen Anlasses mit hochkarätigen Gästen ein Mail eines Parteimitglieds bekommt, er hätte bei der Auswahl der Gastreferenten schlicht «versagt», dann ist das – milde ausgedrückt – sicher nicht förderlich für das ehrenamtliche Engagement in und für unsere Partei. Damit ist selbstverständlich nicht gemeint, Kritik sei grundsätzlich in der FDP nicht angebracht, im Gegenteil. Aber sie soll konstruktiv sein und nicht verletzend.

Es ist sehr ärgerlich, wenn einzelne Parteiexponenten sich in der Öffentlichkeit negativ über die Partei äussern, statt allfällige Probleme intern gemeinsam zu lösen. Das schadet dem Image der Partei, braucht unnötig Ressourcen und demotiviert die Mitglieder. Als Parteipräsident versuche und versuchte ich dem stets entgegenzuwirken. Ohne Unterstützung aus der ganzen Partei würde ich aber ein einsamer Rufer in der Wüste bleiben. Auch die anderen FDP-Exponentinnen und -Exponenten und Mitglieder müssen hier Vorbild sein, Verantwortung übernehmen und disziplinierend auf ihr Umfeld wirken. Nur so können wir ein klares Profil und geschlossene Reihen behalten. Im Rahmen der Suche nach meiner Nachfolge wurde der kantonale Parteivorstand von einem Exponenten aufgefordert, dass wir nicht nur eine Nachfolge finden müssten, sondern dass diese Nachfolge auch gut(!) sein müsse. Selbstverständlich war und ist dem kantonalen Parteivorstand sehr daran gelegen, eine gute Nachfolgelösung zu finden. Nur: Das kann und soll nicht in der alleinigen Verantwortung des Parteivorstands liegen. Es müssen alle mithelfen, indem sie selbst sich zur Verfügung stellen oder aber in ihrem Umfeld nach guten Kandidatinnen und Kandidaten suchen. Als abtretender Parteipräsident hoffe und wünsche ich, dass auch zukünftig alle Parteikolleginnen und -kollegen Verantwortung übernehmen. Verantwortung für unsere Partei, unsere Werte, unsere Spielregeln, unsere Positionen, unsere Mitglieder und unsere Exponentinnen und Exponenten. Denn es gibt keine Medaille mit nur einer Seite.

Für das von Ihnen mir entgegengebrachte Vertrauen in den letzten siebeneinhalb Jahren und für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich herzlich bedanken! Und noch was: Doch, das Parteipräsidium ist allen Unkenrufen zum Trotz ein spannendes, attraktives Amt, bei dem man viel bewegen und durchaus Spass haben kann. Denn wir sind eine einzigartige Partei mit tollen Mitgliedern und mit genau den Werten, die uns so wichtig sind und die die Schweiz so weit gebracht haben. Hierfür lohnt es sich, sich einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen. Immer.

Liberale Grüsse,
Hans-Jakob Boesch
Parteipräsident FDP Kanton Zürich