Claudio, du bist seit Juli neuer FDP-Fraktionspräsident. Was bedeutet diese Rolle für dich?
Nun, ich sehe das Amt als Fraktionspräsident als Service für die Fraktion und die Partei. Ich erhoffe mir, dass ich insbesondere auch in der parteiübergreifenden Zusammenarbeit etwas bewirken kann und somit der Fraktion zu mehrheitsfähigen Vorstössen verhelfen kann. Ich möchte mich auch nicht vor meine Fraktionsmitglieder stellen, sondern versuchen, mein Amt so wahrzunehmen, dass ich Türen für die Fraktion öffnen kann.
Und persönlich?
Zuerst einmal ganz viel Arbeit, denn ich muss mich in kurzer Frist mit den neuen Abläufen und der Geschäftsleitung vertraut machen. Dann muss ich mich neu organisieren, denn es kommen wohl jetzt einige (viele) Stunden Mehrarbeit auf mich zu, welche ich aber sehr gerne wahrnehme. Ich freue mich riesig!
Der «Tages-Anzeiger» hat dich als Newcomer bezeichnet, weil du erst seit einigen Monaten im Kantonsrat sitzt.
Dem Amt trete ich mit einem grossen Respekt, aber auch viel Freude entgegen. Natürlich muss ich mich als eher Neuer im Kantonsrat umso mehr hineinknien – das mache ich aber gerne und mit Freude. Ich bin schon seit über zehn Jahren bei den Jungfreisinnigen respektive der FDP, ich war Präsident der Jungfreisinnigen Stadt Zürich und jetzt der Sektion 7 und 8 und war davor auch im Zürcher Gemeinderat. Diese Erfahrungen nehme ich gerne mit.
Welche Lektionen aus deiner Zeit im Zürcher Gemeinderat kannst du in deine neue Rolle einbringen?
Politik = Menschen. Um politische Erfolge erzielen zu können, braucht es die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinaus. Manchmal kann ein Kaffee oder ein Bier mit jemanden aus einer anderen Fraktion den Ausschlag geben, politische Hürden zu überwinden. It’s a people’s business – das nehme ich aus dem Gemeinderat mit.
Wie hast du dich auf diese Aufgabe vorbereitet?
Über den Sommer hatte ich Zeit, mich in wichtige Geschäfte, aber auch insbesondere in die Abläufe und Aufgaben des neuen Amtes einzulesen. Dazu stehen mir weiterhin André Müller, der abgetretene Fraktionspräsident, aber auch meine beiden Vizepräsidenten Sonja Rueff und Michael Biber tatkräftig zur Seite. Dieser Support ist unverzichtbar – vielen Dank euch!
«Das Amt als Fraktionspräsidenten als Service.»
Deine Schwester politisiert für die Grünliberalen. Hand aufs Herz: Gab es bei euch am Küchentisch oft Streit?
In jeder Familie gibt es ein schwarzes Schaf! (Lacht.) Scherz beiseite: Lustigerweise haben wir früher am Küchentisch nie über Politik gesprochen, das hat sich erst viel später entwickelt. Mein Vater war lediglich passives Mitglied der damaligen CVP, das war wohl der einzige direkte, aber doch eher untergeordnete Bezug zur Politik in meiner Kindheit.
Die FDP hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Welche Vision hast du für die Zukunft der FDP im Kanton Zürich?
Ich sehe viel Potenzial bei der FDP. Entgegen vielen Meinungen haben wir insbesondere auch hervorragende Nachwuchskräfte, welche es zu fördern gilt. Im Campaigning müssen wir unbedingt noch Schritte nach vorne machen, hier sind andere Parteien uns zwei Schritte voraus. Zudem sind wir häufig mit der angezogenen Handbremse unterwegs – ich wünsche mir eine aktivere, frechere und nahbarere FDP. Ich bin überzeugt, dass wir das schaffen werden und die kommenden Wahlen mit unseren Wählerinnen und Wählern gewinnen werden!
Claudio Zihlmann (35) ist neuer Fraktionspräsident der FDP im Zürcher Kantonsrat. Zihlmann ist in Maur, Bezirk Uster, aufgewachsen und präsidiert aktuell die FDP Kreis 7 und 8. Beruflich leitet der Ökonom das Ressort Wirtschaftspolitik der Zürcher Handelskammer