Bei den Freisinnigen weht ein neuer Wind. Kaum hat die Partei an ihrem Parteitag eine Verschärfung der Migrationspolitik beschlossen, folgt im Zürcher Kantonsparlament ein konkreter Vorschlag. Eine Obergrenze bei der Asylaufnahmequote soll die Gemeinden entlasten und der Bevölkerung das Vertrauen in das Asylsystem zurückgeben.
Die Asylquote ist für viele Zürcher Gemeinden eine Herausforderung. Trotzdem hat der Regierungsrat im Juli die Quote weiter auf neu 1,6 Prozent erhöht.
An ihrem vergangenen Parteitag hat die FDP des Kantons Zürich jüngst eine härtere Gangart in der Migrationspolitik beschlossen (siehe Seite 5). Der Freisinn hat sich auf die Fahne geschrieben, die Wirtschaftsmigration einzudämmen und die Zuwanderung zu reduzieren. Dass dies alles andere als ein leeres Wahlkampfversprechen ist, zeigt sich nun im Zürcher Kantonsparlament. «Wir nehmen die Stimmen aus der Bevölkerung und die Sorgen aus den Gemeinden ernst und wollen deshalb mit konkreter Gesetzesanpassung die angespannte Asylsituation beheben», sagt FDP-Kantonsrat und Mitunterzeichner einer entsprechenden parlamentarischen Initiative, Yiea Wey Te.
Ein zentraler Bestandteil der FDP-Forderung ist, dass den Gemeinden nur Asylsuchende mit einem rechtskräftigen Entscheid zugewiesen werden. «Asylsuchende ohne klaren Status in die Gemeinden zu schicken, überlastet die Strukturen. Nur Personen mit abgeschlossenem Verfahren sollten zugewiesen werden, damit sinnvolle Integrationsmassnahmen geplant und umgesetzt werden können», erläutert Kantonsrätin Linda Camenisch das Ziel des parlamentarischen Vorstosses. Die Asylexpertin betont, dass Personen mit einem Nichteintretensentscheid grundsätzlich nicht in die Gemeinden gelangen sollten.
«Asylsituation darf nicht schöngeredet werden»
Die ohnehin angespannte Situation wird zusätzlich durch die kürzlich angekündigte Schliessung von neun temporären Bundesasylzentren (BAZ) bis Januar 2025 verschärft. «Die Schliessung von Asylzentren durch den Bund ist angesichts der explodierenden Asylzahlen schlicht verantwortungslos. Statt Kapazitäten abzubauen, muss der Bund endlich seine Rückführungspolitik konsequent umsetzen und die Verfahren effi zienter gestalten», sagt Filippo Leutenegger, Parteipräsident der FDP Kanton Zürich. Leutenegger fordert vom Bund zudem eine entschlossenere Gangart für Personen mit Status S, insbesondere für Schutzsuchende aus der Ukraine: «Der Schutzstatus S ist eine vorübergehende Aufnahme, keine Einladung zum Verbleib. Der Bund muss hier auf eine vollständige Integration in den Arbeitsmarkt oder auf die konsequente Rückkehr hinarbeiten.» (tbi)
Diese Vorstösse wurden von der FDP im Zürcher Kantonsrat eingereicht oder behandelt:
- Parlamentarische Initiative 59/2024: «Bezahlkarte für alle Asylbewerber» FDP-Kantonsrätin Linda Camenisch setzte sich im Kantonsrat zusammen mit der SVP dafür ein, dass Asylbewerber künftig eine Bezahlkarte statt Bargeld erhalten. In Deutschland wird dieses System gerade für Asylbewerber eingeführt, und die ersten Landkreise haben bereits positive Erfahrungen damit gemacht. Für «echte Flüchtlinge» sei die Einschränkung klein, andere würde sie jedoch abschrecken. Es handelt sich um eine Massnahme gegen das System der Schlepperbanden, nicht gegen die Asylsuchenden. Die linken und Mitte-Parteien wehrten sich dennoch gegen diesen Vorschlag im Kantonsrat und lehnten die Idee mit 94 zu 77 Stimmen ab. Ganz beendet ist die Debatte jedoch nicht: Eine parlamentarische Initiative von SVP und FDP zum gleichen Thema wurde mit 72 Stimmen vorläufi g unterstützt – 60 Stimmen wären nötig gewesen. Die Vorlage geht nun zur Ausarbeitung an die zuständige Kommission, danach wird das Parlament erneut darüber entscheiden.
- Parlamentarische Initiative 330/202 4: «Gesetzliche Festlegung der Obergrenze bei der Aufnahmequote von Asylsuchenden» FDP-Kantonsrat Yiea Wey Te reichte am 30. September 2024 gemeinsam mit FDP-Kantonsrätin Linda Camenisch und einem Vertreter der SVP eine parlamentarische Initiative zur Festlegung einer Asylobergrenze ein ( siehe Artikel links). Die parlamentarische Initiative zielt darauf ab, eine verträgliche Obergrenze von 1,0 Prozent der Bevölkerung als maximale Aufnahmequote festzulegen. Zudem soll gesetzlich verankert werden, dass den Gemeinden nur Personen zugewiesen werden, deren Asylverfahren bereits abgeschlossen sind und die keinen Nichteintretensentscheid erhalten haben. So soll das ursprüngliche Prinzip der sinnvollen Zuweisung gewahrt bleiben. Die FDP verlangt, dass der Regierungsrat ein weitsichtiges Konzept zur Bewältigung der Asylsituation entwickelt.