Das Thema Asyl belastet die Gemeinden stark. Mitte Jahr hat der Kanton Zürich die Asylquote auf 1,6 Prozent erhöht. Seit dem 1. Juli muss jede Gemeinde im Kanton 16 Flüchtlinge pro 1000 Einwohner unterbringen. Bereits 2023 wurde die Quote von 0,9 auf 1,3 Prozent erhöht. Die FDP hat nun im Kantonsrat eine parlamentarische Initiative mitlanciert, die Entlastung bringen soll. Kantonsrätin Linda Camenisch (FDP, Wallisellen) erläutert Beweggründe und Ziele.

Linda Camenisch, was genau fordern Sie mit der parlamentarischen Initiative?

Mit der Festlegung der Asylquote auf 1,0 Prozent erhalten die Gemeinden eine längerfristige Planungssicherheit.

Im Asylbereich gehört es zur Natur der Sache, dass es Schwankungen gibt. Müssen da die Gemeinden nicht flexibel sein – und in schwierigen Zeiten abzufedern helfen?

In den letzten zehn Jahren mussten die Gemeinden erhebliche Schwankungen betreffend der Aufnahmequote umsetzen. Mal wurde diese kurzfristig hinaufgesetzt, mal wieder nach unten korrigiert. Die 1,0 Prozent sind aus Erfahrung ein für die Gemeinden verkraftbarer Wert. In der Zwischenzeit sind Infrastrukturen für diese Grössenordnung praktisch überall vorhanden.

Die Gemeinden sind im Asylbereich das letzte Glied in der Kette. Der Bund weist die Asylsuchenden den Kantonen zu, der Kanton reicht sie dann den Gemeinden weiter. Ist es in diesem System realistisch, eine fixe Quote für die Gemeinden festzuschreiben – oder ist das eher ein Hilfeschrei?

Es ist ein pragmatischer Lösungsansatz. Den Gemeinden dürfen nur Personen zugewiesen werden, wenn das Verfahren durchgeführt und abgeschlossen ist. Dann können auch sinnvolle Integrationsmassnahmen umgesetzt werden. Personen mit einem Nichteintretensentscheid dürfen grundsätzlich nicht einer Gemeinde zugeführt werden.

Was erwarten Sie vom Kanton in der Asylpolitik?

Das Flüchtlings- und Asylwesen ist eine Verbundaufgabe aller drei Staatsebenen. Bund und Kanton müssen also bereits selber über ein Planungskonzept betreffend Unterkünfte verfügen und dieses dann auch konsequent umsetzen. Die Gemeinden dürfen nicht weiterhin als Überdruckventil benutzt und missbraucht werden.

Mit Blick auf die Kriege und Konflikte weltweit dürfte sich die Lage kaum rasch beruhigen. Da ist auch der Bund weitgehend machtlos. Was aber kann er tun, damit der Andrang bewältigbar ist und die Politik von der Bevölkerung getragen wird?

Aktuell schliesst der Bund neun temporäre Asylunterkünfte aufgrund sinkender Asylzahlen. Im Kanton fehlen derweil Unterbringungsplätze. Das zeigt schön auf, dass die Asylpolitik nicht koordiniert durchgeführt wird. Das Asylgesetz muss konsequent und effizient angewendet werden. Es benötigt raschere Entscheide. Abgelehnte Personen müssen die Schweiz ohne Wenn und Aber wieder verlassen und in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Der Bund ist gefordert, diese Staaten in die Pflicht zu nehmen. Unser System steht unter starkem Druck und wird teilweise missbraucht. Gleichzeitig muss auch beim Schutzstatus S, explizit eine vorübergehende und rückkehrorientierte Aufnahme, konsequent auf die Rückkehr hingearbeitet werden. (asü)


Linda Camenisch
(69) ist Kantonsrätin und Mitglied der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit (KSSG). Die Expertise für diese Themen konnte sich die Asylpolitikerin als Schulpflegerin und anschliessend langjährige Gemeinderätin sowie Präsidentin der Sozialbehörde der Stadt Wallisellen aneignen.