Jede Person in der Schweiz soll eine eigene Steuererklärung einreichen und eigene Steuern bezahlen, unabhängig vom Zivilstand. Dafür war eine knappe Mehrheit am 25. September im Nationalrat. Er hiess eine Vorlage zur Individualbesteuerung gut, als indirekten Gegenvorschlag zu unserer Volksinitiative.

Gemeinsam mit einer Gruppe von FDP-Frauen haben wir die Debatte über die Steuergerechtigkeitsinitiative, eingebracht durch uns FDP-Frauen, persönlich im Nationalratssaal auf der Tribüne verfolgt. Sieben Stunden Diskussion! Was wir in dieser Debatte von gewissen sogenannten Volksvertretern zu hören bekamen, versetzte uns jedoch in Erstaunen. Hier wurde von der Gefährdung der traditionellen Ehe gesprochen, von endlosen zukünftigen Diskussionen mit den Ehefrauen über «Mein und Dein» und davon, dass die lieben Frauen weder die Fähigkeit hätten, ihre Finanzen zu verwalten, noch in der Lage wären, eine eigene Steuererklärung auszufüllen. Frauen haben das Recht auf eine transparente Finanzpolitik im eigenen Haushalt, denn Frauen sind eigenständige Individuen. In der zum Teil hitzigen Diskussion ging es oft gar nicht nur um die Individualbesteuerung an sich, sondern, wie mir schien, um eine diffuse Angst, dass die totale Gleichberechtigung nicht mehr zu bremsen ist.

Unser Anliegen zeigt auch das Problem einer verschleppten Digitalisierung der Bundesverwaltung. Die Furcht um die Verarbeitung einer doppelten Menge an Steuererklärungen darf aber keinesfalls als Ausrede dienen, um am Status quo festzuhalten. Es ist an der Zeit, diesen Weg professionell und zügig zu beschreiten – und das nicht nur bei den Steuererklärungen. Ich bin überzeugt: Ein weiterer Schritt zur Gleichberechtigung ist die finanzielle Unabhängigkeit der Frauen. Alle anderen Probleme sind lösbar und rütteln wohl kaum an den persönlichen Werten jeder Ehe, nach der Devise «Liebe sollte doch grenzenlos sein».


Barbara Anngelsberger
Alt-Kantonsrätin Bezirk Dietikon und Vorstandsmitglied der FDP Frauen Kanton Zürich