Der Regierungsrat setzt in seiner Energiestrategie teilweise auf Windräder. Wie viel Potenzial hat die Windkraft im Kanton Zürich? Wie stark sollen die Gemeinden bei der konkreten Umsetzung mitreden dürfen?

Pro: Ja zur Windkraft – mit Augenmass

Windkraft ist ein Thema, das bewegt – auch mich. Ich bin überzeugt: Die Versorgung mit erneuerbarer, einheimischer Energie ist ein zentrales Anliegen unserer Zeit. Doch gerade deshalb müssen wir sorgsam abwägen, wie wir Windenergie im Kanton Zürich einsetzen. Im Richtplan hat der Regierungsrat 2022 mögliche Eignungsgebiete bezeichnet. Nun sollen diese planerisch verankert und die Verfahren beschleunigt werden – auch mithilfe eines neuen Plangenehmigungsverfahrens im kantonalen Energiegesetz.

Ich anerkenne den Auftrag, den der Kanton vom Bund erhalten hat. Und ich sehe das Potenzial, das Windkraft insbesondere im Winter bieten kann. Aber ich sehe auch die Risiken: Die landschaftlichen Eingriffe sind erheblich, die Akzeptanz in der Bevölkerung ist begrenzt, und Fragen zur Wirtschaftlichkeit sind offen. Seit der Bekanntgabe der Vorranggebiete mehren sich kritische Stimmen – Verunsicherung und Unklarheit herrschen vor.

Deshalb ist mir eines besonders wichtig: Der Regierungsrat muss den Dialog mit der Bevölkerung suchen – frühzeitig, ehrlich und transparent. Vertrauen entsteht nicht durch Druck, sondern durch Mitwirkung. Die vorgeschlagene freiwillige Beteiligung von Gemeinden und Anwohnenden ist ein guter Ansatz, reicht aber nicht. Es braucht verlässliche Informationen zum Windpotenzial, zu Auswirkungen auf Umwelt und Landschaft – und eine klare Kommunikation zum Ablauf der Verfahren. Ich bin dagegen, dass einzelne Gemeinden ein Veto einlegen können – das würde eine gesamtkantonale Planung verunmöglichen. Aber ich bin sehr dafür, dass Gemeinden und Bevölkerung von Anfang an mitreden können, denn Akzeptanz vor Ort ist entscheidend. Ich stehe für eine Energiepolitik ein, die Versorgungssicherheit schaff t – aber nicht gegen die Interessen von Mensch und Natur. Windkraft kann Teil der Lösung sein. Aber nur, wenn wir sie klug, umsichtig und mit Respekt gegenüber den betroffenen Regionen realisieren.


Barbara Franzen,
Kantonsrätin FDP, Co-Präsidentin Fachkommission Umwelt und Energie

Kontra: Nutzen-Ertrags-Verhältnis von Windkraft steht im Kanton Zürich in keinem Verhältnis

Nach Plänen der Baudirektion sollen im Kanton Zürich ca. 100 Windturbinen mit Höhen bis 220 Meter entstehen. Die Stromausbeute wird gemäss Windatlas des Bundes bei hiesigen Windverhältnissen gering sein. Einen signifi kanten Beitrag an die wichtige Energieversorgungssicherheit kann die stark schwankende Windstromproduktion nicht leisten. Der Nutzen steht damit in keinem Verhältnis zu den beträchtlichen Kosten, Auswirkungen und drastischen Eingriff en in die Natur. Zudem gibt es mit Photovoltaik, Geothermie und erhöhter Stromeffi zienz sinnvollere Massnahmen, um die Stromlücke zu schliessen.

Die Schweiz ist aufgrund der Windverhältnisse für die Nutzung der Windkraft grundsätzlich ungeeignet. Der Kanton Zürich weist auch im landesweiten Vergleich ein sehr geringes Potenzial auf, wie auch die Baudirektion des Kan tons Zürich noch 2016 feststellte.

Geringer Stromertrag: Die Baudirektion geht davon aus, dass ein Windrad mit einer Höhe von 220 Metern ca. 8 GWh Energie produzieren kann. Der gesamte Windpark am Gotthard produziert mit 5 Windrädern einen Jahresertrag von 11 bis 13 GWh. Als Vergleich: Die Kehrrichtverbrennungsanlage Hagenholz produziert etwa 126 GWh, das Wasserkraftwerk Grande Dixence 2000 GWh und das KKW Leibstadt im Vollbetrieb bis zu 9700 GWh. Selbst um die Leistung des Flusskraftwerks Eglisau zu erreichen, müssten über 40 Giga-Windturbinen gebaut werden.

Massive Auswirkungen: Windturbinen mit Höhen von 220 Metern würden sämtliche heutigen Bauwerke im Kanton überragen, der Prime Tower ist 165 Meter hoch. Neben der off ensichtlichen Entstellung vertrauter Landschaft durch solche gigantischen Anlagen und der Reduzierung von Standort- und Lebensqualität im Kanton vermindern Windturbinen auch den Wert von Immobilien in ihrer Umgebung. Weiter beeinträchtigen Schall, Infraschall und Schattenwurf Gesundheit und Wohlbefi nden der Anwohnenden, und es müssen beträchtliche Flächen Wald gerodet werden.


Raphael Alder,
Gemeinderat FDP Russikon